Jahreshauptversammlung 2013 der BN-Kreisgruppe
Peter Kasperczyk als Kreisvorsitzender bestätigt
Weiger für „ökologische Leitplanken“
Nicht nur die Energieversorgung, auch die „europäische Verkehrspolitik muss eine dezentrale werden“. Der BUND- und Bund Naturschutz-Landesvorsitzende Prof. Hubert Weiger nennt bei der Jahreshauptversammlung der Kreisgruppe Rosenheim das Frachtverkehrsaufkommen „hellen Wahnsinn“, der politisch gestoppt werden müsse. Den Aktiven ruft er zu: „Ihr seid nicht allein beim Kampf für das Inntal.“
Wenn z. B. die Türkei Container nicht über Genua, sondern über Hamburg umschlägt, dann wächst der Druck, eine weitere Nord-Süd-Transit-Strecke über Landshut-Rosenheim immer mehr auszubauen. Die örtliche Politik tue meist so, „als ginge es um lokale Verkehrsprobleme“. Eine „ganzheitliche europäische Verkehrspolitik“ mit Verkehrsvermeidung statt Beschleunigung durch den Bau von aufwändigen Verkehrstrassen müsse daher aus den Regionen verfochten werden. Hierbei erhebt der Bund Naturschutz mit fast 194.000 Mitgliedern in Bayern und über 5000 in Rosenheim seine unabhängige und nicht immer gern gehörte Stimme: Lokal verwurzelt gegen das „Überrolltwerden“ unserer Heimat.
Energiewende: Dezentral und kommunal
Auch bei der Energiewende, allein wegen der tödlichen Risiken der Atomkraft eine „volkswirtschaftliche und gesellschaftliche Überlebensfrage“, sei nicht ein weiter-so mit weit transportiertem Ökostrom die Lösung, sondern ein Paradigmenwechsel: Umpriorisierung zu erstens Energiesparen, zweitens Effizienzverbesserung und erst als drittes Ausbau der Erneuerbaren Energien. Letztere dann mit vordringlich dezentraler Produktion und Speicherung. Bayern sei leider bereits ein „Land gestauter Flüsse“, eine Ausdehnung der Wasserkraft wäre laut Weiger ökologisch schädlich, ein gezielter Ausbau der Windkraft bei Rücksicht auf Natur und Landschaft dagegen vielversprechend, wie der Landkreis Hof mit 80 großen Windkraftanlagen als Pionier im Freistaat schon gezeigt habe. Die Energiewende brauche „ökologische Leitplanken“, Stärkung der interkommunalen und überregionalen Planung. Und ganz entscheidend auch Transparenz und Bürgerbeteiligung innerhalb aktiver regionaler Planungsverbände.
Biogasanlagen müssten dringend – auch von der Förderung her – umgesteuert werden hin zu Kraft-Wärme-Kopplung, Reststoffverwertung und Speicherenergie, statt Dauerbetrieb mit Maisverstromung. Auch große Pumpspeicherwerke seien keine Lösung, sondern wie die von der Wirtschaftspolitik geförderten Offshore-Windparks eine Domäne großer Konzerne, die die demokratische und dezentrale Energieversorgung mit Macht blockieren.
Weiger zufolge hat gerade das „Werben für das Weniger keine Lobby“. Der Bund Naturschutz startet daher in Kürze seine Kampagne „Energiewende von unten“. Mit der BN-Energievision 2050 werden nach der Atomenergie auch die fossilen Brennstoffe zugunsten des Klimaschutzes verabschiedet.
Georg Binder neuer stellvertretender Vorsitzender
Neben Peter Kasperczyk als 1. Vorsitzenden wurde der Kreisvorstand mit überwältigender Mehrheit wiedergewählt. Neuer stellv. Vors. ist Georg Binder, BN-Ortsgruppen-Chef in Nußdorf. Mit herzlichem Dank für acht Jahre engagierter und kompetenter Naturschutzarbeit im Vorstand wurde der Landschaftsplaner Robert Haidacher, Kiefersfelden, verabschiedet. Dafür machten gleich drei Mitglieder der Ortsgruppe Rosenheim den „Karrieresprung“ in den Kreisvorstand: Steffen Storandt, Ingrid Stegmaier und Michael Hertel.
Ausblick: Bio, Biber und Bauschutt
Peter Kasperczyk durfte in seinem Rückblick auf Dauerthemen wie Amphibienbetreuung, Biotopschutz, Jugendarbeit, Umweltbildung und naturschutzfachliche Stellungnahmen wieder über neue Freud und altes Leid des Naturschützers berichten. Erfolgen bei der Einrichtung des stadtökologischen Themenwegs Rosenheim und dem von der Kreisgruppe (Fr. Dr. Knopp) betreuten „Biodiversitätsprojekt Bayerisches Löffelkraut“ stand die Beschneidung des Landschaftsschutzgebietes Inntal um 15 Prozent gegenüber. Dass nicht ein einziger der begründeten Verbesserungsvorschläge des Naturschutzbeirats Berücksichtigung fand, nennt Kasperczyk „einen Affront gegen die Arbeit ehrenamtlicher Fachleute“. Der Flächenfraß überschneidet sich auch mit dem Schwerpunktthema Agrarwende: „Discounter verkaufen Lebensmittel auf Flächen, die der Nahrungsmittelproduktion dienen sollten.“ Für den 13. Juli 2013 ruft der Bund Naturschutz unter dem Motto „Mir ham‘s satt“ zur Kundgebung in München auf. Für die bäuerliche Landwirtschaft und gegen weitere Industrialisierung mit Massentierhaltung und Agrogentechnik.
Biolandwirtschaft, Biodiversität, Biber und Bauschutt im Wald sind laut Kasperczyk nur vier aus der aktuellen Themenliste der BUND Naturschutz Kreisgruppe Rosenheim.
Brennessel 2013 Nr. 24