Gentechnikfreies Bayern - Dichtung und Wahrheit
Zum Thema Gentechnik hatte der BUND Naturschutz Rosenheim zusammen mit attac, Greenpeace, Zivilcourage und den Kreisverbänden der Imker und für Gartenbau und Landespflege als Referenten Ministerialrat a. D. Wolfgang Koehler eingeladen. Der Jurist leitete u. a. 10 Jahre lang das Referat für Biotechnologie und Gentechnik im Bundesministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz.
In seinem Vortrag beschränkte er sich auf die sogenannte grüne Gentechnik, bei der es um gentechnisch veränderte Pflanzen und um die daraus hergestellten Lebens- und Futtermittel geht. Im Gegensatz zur traditionellen Pflanzenzüchtung wird bei gentechnisch veränderten Pflanzen deren genetisches Material so verändert, wie es auf natürliche Weise durch Kreuzen und/oder natürliche Rekombination nicht möglich ist.
Gentechnik ist eine Risikotechnologie. Bevor gentechnisch veränderte Pflanzen in die Umwelt gelangen, muss ein Genehmigungsverfahren mit Risikoanalyse durchgeführt werden. Der Referent führte dazu aus, dass in den deutschen und EU-Genehmigungsgremien überwiegend Wissenschaftler säßen, die auch mit Gentechnikunternehmen verbunden sind und somit ein Interesse an der Verbreitung der Gentechnik haben. Dieses Problem sei systembedingt, da der Kreis der Wissenschaftler begrenzt sei und es nur in sehr geringem Umfang unabhängige Forschung und Forscher gibt. Er forderte, dass das Genehmigungssystem geändert werden müsse, „es kann nicht sein, dass die Akzeptanz des vorhandenen Restrisikos von jenen getroffen wird, die ein Interesse an der Verbreitung der Gentechnik haben!“
Zum Nutzen der grünen Gentechnik meinte Koehler: „Der Verbraucher hat keinen Nutzen, die Bevölkerung weltweit ist mehrheitlich gegen Gen-Lebensmittel.“ Die Ernährung der Weltbevölkerung im Jahr 2050 könne problemlos ohne Gentechnik erfolgen, wenn in den reichen Ländern nicht bis zu 50% der Lebensmittel vernichtet oder in den Schwellen- und Entwicklungsländern teilweise bis zu 40% der Ernten auf dem Transportweg und bei der Lagerung ungenießbar würden.
Auch den Landwirten bringt nach Koehler die Gentechnik langfristig keine Vorteile. Der im Vergleich zu konventionellen Sorten geringere Arbeitsaufwand und etwas höhere Ertrag ist in den höheren Preis für Gensaat einkalkuliert. Wie in den USA festgestellt, hält dieser Vorteil nur wenige Jahre, dann sinken die Erträge und durch Unkrautresistenzen wird der Pestizid- und Arbeitsaufwand stark erhöht.
Einzig die Industrie hat nach Ansicht von Koehler Vorteile von der Gentechnik: Gen-Saatgut und Pflanzenschutzmittel müssen vom Landwirt als Einheit gekauft werden, dazu kommen die Einnahmen durch die Patentierung der gentechnisch veränderten Pflanzen. Mit diesem sicherem Geschäftsmodell nehmen die führenden Konzerne jährlich Milliarden ein. Gentechnikkonzerne beeinflussen daher Regierungen, um ihre massiven finanziellen Interessen durchzusetzen, was sicher eine große Rolle bei den Freihandelsverhandlungen mit der USA spielen wird.
Die Verbraucher müssen ihre Ablehnung der Gentechnik deutlich machen, führte Koehler aus. Gegenüber der Politik durch Demonstrationen und Protestaktionen, bei Wahlen und der Forderung nach einer ehrlichen Lebensmittelkennzeichnung, denn Lebensmittel wie Fleisch, Milch und Eier von Tieren, die genetisch veränderte Futtermittel erhalten haben sowie Lebensmittel mit geringfügigen Verunreinigungen sind von der Kennzeichnungspflicht ausgenommen. Und der Industrie gegenüber natürlich durch den gezielten Einkauf von gentechnikfreien Lebensmitteln.
Als Einkaufshilfe stellte Dr. Gertrud Knopp, 2. Vorsitzende der BN-Kreisgruppe Rosenheim, den Bio-Einkaufsführer vor, in dem Geschäfte, Direktvermarkter, Lieferservices und Restaurants aus Stadt und Landkreis Rosenheim zu finden sind.
Den Bio-Einkaufsführer gibt es in der BUND Naturschutz-Geschäftsstelle und zum Download im Internet.