Rosenheimer Energiedialoge klärten über Gebäude-Dämmung auf
Prof. Krause erinnerte daran, dass Deutschland gemäß dem Klimaschutzgesetz 2021 die Treibhausgasneutralität bis zum Jahr 2045 erreichen soll. Dazu muss laut verschiedenen Studien der Energiebedarf für Heizung und Warmwasser um ca. 50 % sinken; 90% der Gebäude sind bis 2050 thermisch zu sanieren oder neu zu bauen. Geheizt werden soll dann überwiegend mit Wärmepumpen und Fernwärme, beide aus regenerativen Quellen gespeist.
Mit einem kleinen Ausflug in die Physik erläuterte Prof. Krause, dass die Energieform Wärme mikroskopisch durch Bewegungsenergie gekennzeichnet ist und stets von Warm nach Kalt fließt. Sie wird transportiert durch Wärmeleitung, durch Konvektion, d. h. Mitführung in Flüssigkeiten und Gasen, oder durch Wärmestrahlung.
Wärmedämmung vermindert nicht nur die Wärmeverluste und damit den Energiebedarf, sondern steigert auch den Komfort durch Erhöhung der inneren Oberflächentemperatur und schützt vor Feuchteschäden.
Prof. Krause gab einige Beispiele für die Dämmung von Bestandsgebäuden: Der Wärmeverlust der 24 cm-Ziegelwand eines Gebäudes aus den 50er und 60er Jahren lässt sich durch 16 cm Dämmstoff auf 1/10 vermindern. Konstruktiv gelöst werden kann das z. B. durch ein Wärmedämmverbundsystem (WDVS) oder durch eine Holzständer-Konstruktion mit vorgehängter Fassade. Letzteres ist meist teurer, verbessert aber Flexibilität und Rückbaubarkeit.
Den Wärmeverlust eines typischen Daches mit nur 10 cm Zwischensparrendämmung kann man durch volle Ausnutzung der Sparrenhöhe und zusätzlich 10 cm Aufdachdämmung auf 1/3 verringern.
Bei Fenstern haben sich die Wärmeverluste durch größere Rahmendicke, Wärmeschutzglas mit 3 Scheiben und verbesserte Abstandhalter seit 1995 auf 1/3 verkleinert.
Die Dämmung hat auch Einfluss auf das Heizsystem: Die Heizlast wird geringer, die niedrigere Vorlauftemperatur steigert die Effizienz einer Wärmepumpe. Man sollte daher die Reihenfolge der Schritte zur energetischen Sanierung bedenken, genauso wie die vielfältigen Förderungen für die Maßnahmen.
Robert Kellner stellte klar, wie weit wir von den deutschen Energiesparzielen für 2030 noch weg sind. Dabei geht es nicht nur um das Einsparen von Energie. Denn zum nachhaltigen Bauen gehören gemäß dem Leitfaden des Bundesbauministeriums drei Säulen, die ausgewogen berücksichtigt werden müssen: Ökonomie, Ökologie und Soziokulturelles, womit menschliche Gesundheit, soziale und kulturelle Werte gemeint sind.
Zur Information über Umwelt- und Gesundheitsaspekte bei der Baustoffwahl empfahl Robert Kellner das Portal WECOBIS des Bundesbauministeriums und der Bayerischen Architektenkammer.
Bei den Dämmstoffen äußerte sich Robert Kellner kritisch zum expandierten Polystyrol (EPS), welches bis 2016 das Flammschutzmittel HBCD enthielt. Dieses reichert sich in Lebewesen an, ist schwer abbaubar und giftig für Wasserorganismen; auch zu dem jetzt verwendeten Ersatzstoff gibt es ablehnende Einschätzungen. Ein Recycling von gebrauchtem EPS findet kaum statt, die thermische Verwertung „macht nur den Ofen voll“.
Problematisch könnten aber auch die bei nachwachsenden organischen Dämmstoffen verwendeten Flammschutzmittel sein.
Vor dem Hintergrund schwindender Ressourcen gewinnen Rückbau und Wiederverwertung an Bedeutung. Insbesondere bei vielen WDVS-Dämmungen ist dies eher Theorie. Auf keinen Fall sollte das Abbruchmaterial Schadstoffe enthalten.
Auch diesmal nutzten viele Besucher die verbleibende Zeit für Fragen und Diskussionen im kleineren Kreis.
Die „Rosenheimer Energiedialoge“ sind eine Initiative von TH Rosenheim, Landratsamt Rosenheim, Energiezukunft Rosenheim, Klimaschutzmanagement Kolbermoor, Rosolar und BUND Naturschutz Rosenheim. Nach Möglichkeit wird einmal im Monat an wechselnden Orten der Region eine Informationsveranstaltung zu den Themen Energiewende und Nachhaltigkeit angeboten. Teilnehmen können alle interessierten Bürgerinnen und Bürger. Der Eintritt ist frei und eine Voranmeldung nicht erforderlich.
Links:
Folien zu den Vorträgen:
WECOBIS - Informationsportal zu Umwelt- und Gesundheitsaspekten bei der Baustoffwahl
https://www.wecobis.de/