Presseerklärung zur Westtangente im Januar 2010
Westumgehung Rosenheim: Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision
Am 30. September 2009 waren nach mehreren anstrengenden Verhandlungstagen im Bayerischen Verwaltungsgerichtshof die Klagen des Bund Naturschutz und der von der Interessengemeinschaft gegen die Westumgehung vertretenen Einzelkläger abgewiesen worden. Inzwischen liegt die Urteilsbegründung vor mit der Rechtsmittelbelehrung, dass die Nichtzulassung der Revision durch eine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden kann.
Allein schon in der Urteilsbegründung kann man auf 55 Seiten nachlesen, welch eine gewaltige Beeinträchtigung und Veränderung von Natur und Landschaft durch die Westumgehung entstehen wird. Das strittige Straßenbauvorhaben wird hier jedoch vor allem gerechtfertigt durch das Fernstraßenausbaugesetz und es wird davon ausgegangen, dass keine Bestimmungen des europäischen Naturschutzrechts (FFH-Gebiet) verletzt werden.
Die 11,25 km lange Trasse der geplanten Westtangente durchschneidet aber nicht nur das FFH-Gebiet „Auer Weidmoos mit Kalten und Kaltenaue“, sondern noch weitere 38 amtlich kartierte Biotope. Während der Verhandlung hatte Rechtsanwalt Dr. Kaltenegger und unser Sachverständiger Alfred Ringler mehrmals das Fehlen einer artenschutzrechtlichen Prüfung für den gesamten Trassenverlauf gerügt. Im Bereich der Kerbtäler im Gangsteigholz, der Großkaroliner Filze und des Talholzes werden mit dem Bau der Westtangente Naturbereiche zerstört, die ebenfalls eine, den FFH-Richtlinien entsprechende Wertigkeit aufweisen, insbesondere werden 8 naturnahe Fließgewässer mit Ufersaum verbaut und stark beeinträchtigt. All diese Bereiche sind nach dem Bayerischen Naturschutzgesetz und der EG-Richtlinie schützenswerter Lebensraum und werden als „nicht wiederherstellbare“ Biotope bezeichnet. Ein weiterer nicht hinreichend geklärter Punkt betrifft den Klimaschutzwald im Westen Rosenheims der in voller Länge von der Trasse durchschnitten wird. Zu Fragen der Verkehrsproblematik, wie den ampelgesteuerten Einschleifungen in schon jetzt überlastete Straßen im Aichergelände und an der ST 2078 hielt sich das Gericht nicht für zuständig. So werden in der gesamten Urteilsbegründung die Positionen der Verwaltung und des Straßenbauamtes als „richtig“ angenommen, auch wenn andere Gutachten dem entgegen stehen.
Der Bund Naturschutz muss diesem Urteil widersprechen, nicht nur als Anwalt der Natur, die sich nicht selbst wehren kann, sondern auch zum Schutze der Menschen, die sich die negativen Auswirkungen dieses Straßenbauprojekts heute noch gar nicht vorstellen können.
Was nützt es, wenn die Bodenschutz-Kommission des Umweltbundesamtes im Dezember 2009 verkündet, dass „kein weiterer Hektar Fläche“ in Deutschland mehr verbraucht werden darf und bei uns sollen 40 Hektar Fläche der Westumgehung Rosenheim geopfert werden? Was bringen all die laut verkündeten Forderungen zum Klimaschutz, wenn bei uns für einen Straßenbau ein ausgewiesener Klimaschutzwald abgeholzt werden soll? Was bewirkt ein Naturschutzrecht, wenn es solange zerpflückt werden kann, bis von der Natur, die eigentlich geschützt werden soll nichts mehr übrig bleibt? Wie beurteilt man einen Fernstraßenbau, der Naherholungsgebiete, landwirtschaftliche Betriebe, unsere Heimat zerstört und das Verkehrschaos nur noch vergrößert?
Es bleiben also viele ungeklärte Fragen, die von grundsätzlicher Bedeutung sind und möglicherweise auch Verfahrensfehler beinhalten.
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde wird das Bundesverwaltungsgericht dies jetzt prüfen und die Zulassung einer Revision wäre ein großer Erfolg für den Naturschutz!
BN Kreisgruppe Rosenheim 08.01.2010