Löffelkraut & Co. - Bericht 2017
Schluss mit Löffelkraut & Co?
Nach fünf Jahren Laufzeit ist das Biodiversitätsprojekt "Löffelkraut & Co." 2016 zu Ende gegangen. In einer feierlichen Abschlussveranstaltung in Westerham wurde Rückschau gehalten, was in diesen fünf Jahren für den Schutz dieses bayerischen Originals unternommen und auch was an Erkenntnissen hinzugewonnen wurde. Damit die Erfolge des Projekts auch langfristig gesichert sind, werden sich künftig ehrenamtliche Betreuer um die einzelnen Wuchsorte kümmern.
Das letzte Projektjahr 2016 war für die Wuchsorte im Landkreis Rosenheim noch einmal besonders arbeitsintensiv. Ein Schwerpunkt waren die Sanierungsarbeiten an einem Quellbach im Kupferbachtal. Ein Kiesfang für die Unmengen an Geschiebe, die der Bach bei starkem Regen mit sich führt, wurde gebaut, eine Wegüberquerung durch ein größeres Rohr saniert, und der Bachlaufs im Talbereich stabilisiert. Letztere Maßnahme kommt insbesondere dem Kriechenden Scheiberich zugute, dessen Möglichkeiten zur Wiederausbreitung entlang des Bachlaufs damit verbessert wurden. Schließlich wurde noch ein Becken, in das sich Feuersalamanderlarven in Notzeiten zurückziehen können, gebaut. Nun konnten die Löffelkrautpflänzchen am Rand des Bachbetts ausgepflanzt werden. Diese waren vom Botanischen Garten Salzburg nachgezüchtet worden. Es bleibt zu hoffen, dass in den nächsten Jahren auch die notwendigen Sanierungsarbeiten im oberen Teil des Quellbachs umgesetzt werden, damit sich stabile Bestände entwickeln können. Die langfristige Kontrolle des Erfolgs der Wiederansiedlung liegt nun in den Händen der ehrenamtlichen Betreuer.
Der zweite Schwerpunkt waren die Maßnahmen an den Urschlachquellen bei Halfing. Nachdem 2015 eine Abraumhalde an einem Quelltopf teilweise entfernt und abgeböscht und der Uferbereich für das Vorhaben hergerichtet worden war, wurden auch hier Löffelkrautpflänzchen aus Nachzuchten der Wuchsorte Thalham und Lungham eingesetzt. Auch hier haben ehrenamtliche Betreuer ein wachsames Auge auf das Löffelkraut, das sich bis zum Jahresende gut entwickelt hat.
Auch am Wuchsort Vagen wurde durch Auspflanzungen versucht, die rückläufigen Löffelkrautbestände zu stabilisieren. Um die Nachzuchten aus wuchsorteigenem Samenmaterial kümmerten sich die Botanischen Gärten Regensburg und Marburg.
Insgesamt fällt die oberbayerische Bilanz des nun abgeschlossenen Bundesbiodiversitätsprojekts "Löffelkraut & Co." durchweg positiv aus:
Die komplette Neuerhebung sämtlicher bekannter Bestände und ein Vergleich mit den zurückliegenden Wuchsortkartierungen ergab zu Projektbeginn einen hohen Bedarf an zielgerichteten Naturschutzmaßnahmen für das Bayerische Löffelkraut und seine Lebensräume. Von den seit 1984 bekannt gewordenen Wuchsorten waren zwei bereits vor 1990 vollständig erloschen. Von den übrigen sieben Wuchsorten wiesen zwei eine stark rückläufige Entwicklung auf und auch der Rest war zumindest in Teilbereichen von Verlusten betroffen. Zum Projektschluss hatte sich diese Negativentwicklung an fünf Wuchsorten umgekehrt. An zwei Wuchsorten wird sich eine Stabilisierung nur durch weitere standortverbessernde Maßnahmen erreichen lassen, die teilweise bereits auf den Weg gebracht werden konnten. Durch Wiederansiedlungen und Neubegründungen wurde die Anzahl der oberbayerischen Wuchsorte auf insgesamt neun erhöht.
An vier Wuchsorten wurden zu klein gewordene Populationen durch Nachsaat bzw. Auspflanzen von Nachzuchten gestützt. Dabei wurden die naturschutzgenetischen Voraussetzungen streng berücksichtigt und die Entwicklung genau dokumentiert. Erste Erfolge zeigen, dass diese Maßnahmen geeignet sind, rückläufige Vorkommen zu stabilisieren und ihre Vitalität zu steigern. Derzeit ist jedoch noch eine intensive Betreuung der Neubegründungen notwendig und erst in den nächsten Jahren wird sich zeigen, ob sich wirklich ein nachhaltiger Erfolg einstellt.
An zwei weiteren Wuchsorten fanden Wieder- bzw. Neuansiedlungen statt, um den oberbayerischen Bestand insgesamt wieder zu stärken und die Verinselung der einzelnen Vorkommen etwas abzudämpfen. Dies ist ein erster Schritt zur Wiederherstellung des ursprünglichen Verbreitungsbilds des Bayerischen Löffelkrauts.
Allein durch eine Anpassung der Pflegemaßnahmen konnten die Bestände an drei Wuchsorten wieder vergrößert werden. Für sämtliche Wuchsorte wurden die Pflegekonzepte gemeinsam mit den Naturschutzbehörden und Landschaftspflegeverbänden/Maschinenringen neu überdacht und hinsichtlich der Bedürfnisse des Bayerischen Löffelkrauts und seiner Co-Arten optimiert.
Gezielte Co-Projekte, wie z.B. eine begleitende Untersuchung der Bestäuber und eine Mooskartierung halfen, die Kenntnisse über das Bayerische Löffelkraut und seine Lebensräume zu vertiefen. Sehr aufschlussreich war die naturschutzgenetische Untersuchung des Löffelkrauts. Sie zeigte eine starke genetische Differenzierung der Populationen. Diese waren auch Grundlage für die populationsstützenden Maßnahmen, für die nur wuchsorteigenes Samenmaterial verwendet wurde.
Durch die Einbeziehung von Co-Arten wurde gewährleistet, dass nicht nur das Bayerische Löffelkraut sondern die gesamte Lebensgemeinschaft gefördert wurde. Gezielte Maßnahmen für den Feuersalamander, Kriechenden Scheiberich, Gelbbauchunke und weitere Begleiter helfen, das gesamte Artenspektrum der Quell-Lebensräume zu erhalten.
Grundvoraussetzung für einen nachhaltigen Erfolg der umgesetzten Maßnahmen ist jedoch eine Minimierung weiterer Gefährdungen, die auf die Lebensräume einwirken und für die einzelnen Wuchsorte sehr spezifisch sind. Es stellte sich heraus, dass v.a. hydrologische Aspekte stärker berücksichtigt werden müssen. Hierzu rechnet u.a. eine größere Sorgfalt bei der Einleitung von Oberflächenwasser in Quelllebensräume und bei Trinkwasserentnahmen, die oft erst nach Jahren zu einer spürbaren Absenkung des Grundwasserspiegels führen. Die Ursachen für negative Einflüsse können auch weitab im Einzugsgebiet der Quellen zu finden sein. Um hier Verbesserungen zu erreichen, wurden detaillierte Maßnahmenbündel geschnürt, deren Umsetzung zwar im Zeitrahmen des Projekts nicht mehr möglich war, die aber ein klar umrissenes Leistungsbild für die notwendige Naturschutzarbeit der kommenden Jahre liefern.
Da man nur schützen kann, was man kennt, wurde auf die Information der Öffentlichkeit besonderer Wert gelegt. Zahlreiche Vorträge, Exkursionen, Informationstafeln, eine aktuell gehaltene Präsenz im Internet und zwei größere Veranstaltungen wurden ergänzt durch unzählige Einzelgespräche mit Eigentümern, Behörden, politischen Vertretern und Erholungssuchenden. Die abschließende unabhängige Projektevaluation belegt den Erfolg des eingeschlagenen Wegs zur Verankerung des Bayerischen Löffelkrauts im Bewusstsein der Öffentlichkeit als ein urbayerisches Original.
Damit die erzielten Erfolge und Erkenntnisse keine "Eintagsfliege" bleiben, wurden schon während der Projektlaufzeit ehrenamtliche Betreuer geschult, die nun ein Auge auf die Entwicklung der Wuchsorte und die Umsetzung von Pflege- und Sanierungsmaßnahmen haben. Sie stehen in engem Kontakt mit allen Beteiligten und können selbständig kleinere Artenhilfsmaßnahmen übernehmen. Für die weiteren geplanten Umsetzungen und zur Entlastung des bestehenden Betreuerstamms werden jedoch zusätzliche "Kümmerer" gesucht, die sich für den Erhalt der wertvollen Quelllebensräume mit ihrer besonderen Artenvielfalt einsetzen. Hier kann jeder aktiv werden, der sich gern in der freien Natur aufhält und diese mit wachsamen Augen beobachten möchte. Werden auch Sie aktiver Teil dieses Betreuungsnetzes aus amtlichem und ehrenamtlichen Naturschutz, Landschaftspflegern, Fachexperten und Eigentümern. Interesse geweckt? Dann melden Sie sich bitte bei unserer BN-Kreisgeschäftsstelle oder bei unserer überregionalen Ansprechpartnerin.
Denn es soll noch lange nicht Schluss sein mit Löffelkraut & Co!
Kontakte:
BUND Naturschutz Kreisgruppe Rosenheim
Tel.: 08031 12882
rosenheim@bund-naturschutz.de
Überregionale Ansprechpartnerin Gabriela Schneider
Tel.: 08026 1367
schneider-hausham@t-online.de
Homepage:
http://www.loeffelkraut.de