Jahreshauptversammlung September 2009
Von der Streuobstwiese bis zur Kernkraft
Schwerpunkte der Ortsgruppe
Auf der Jahreshauptversammlung der Ortsgruppe Rosenheim im Bund Naturschutz gab der Vorsitzende Steffen Storandt einen Rückblick über die Aktivitäten der Ortsgruppe von der Streuobstwiesenpflege in Heilig Blut bis hin zu diversen Stellungnahmen.
Kritik übte er insbesondere am Umgang der Stadt mit den knappen und wertvollen Grünflächen, sei es nun für ein Autohaus an der Äußeren Münchener Straße oder für den Wohnungsbau auf der Schönen Aussicht.
Beim Thema Verkehr werde zum Nachteil aller viel zu sehr auf das Auto gesetzt, anstatt ÖPNV und Fahrrad zu fördern. Die Westtangente könne Rosenheim kaum entlasten, weil der Anteil des gesamten Durchgangsverkehrs unter zehn Prozent liege.
Die Hochwasserfreilegung im Bauabschnitt 09 an der Mangfall bedeute herbe Eingriffe in den Baumbestand; langfristig sei aber die deutliche Rückverlegung von Deichen sowohl für den Hochwasserschutz wie für die Ökologie richtig. Diese Ziele hätten leider beim Gewässerumbau von Mangfall und Hammerbach im Bereich der Nicklwiese eine viel zu geringe Rolle gespielt.
Im Mittelpunkt: Landesgartenschau 2010
Der zweite Vorsitzende und Leiter der Arbeitsgruppe Landesgartenschau, Michael Hertel, erläuterte anschließend die Projekte des Vereins für die Landesgartenschau.
Zentrales Thema ist das Ökosystem Auwald. Seine Funktionen und Bedeutung für das natürliche Gleichgewicht sollen mit Bilderrahmen und Erläuterungen dazu in den Fokus gerückt werden. Einer Auwald-Tierart schenkt der Umweltverband sein besonderes Augenmerk: in einem Freigehege werden zwei zahme Biber-Jungtiere zu sehen sein; auch hier will der Umweltverband umfassende Informationen geben, von den Ergebnissen der Biberkartierung bis hin zu Lösungsmöglichkeiten für Konflikte.
Das Projekt „Schule im Grünen“ und ein „Mitmachprogramm“ an Wochenenden und in den Ferien wird es Kindern ermöglichen, Natur spielerisch und unbefangen zu erforschen und zu erleben.
Ein zusammen mit der Stadt angelegter Rundweg soll auf wichtige Elemente der Stadtökologie wie Alleen, Parks und Begrünungen von Fassaden oder Dächern hinweisen.
Kernkraft voraus?
Den Hauptvortrag unter dem Titel „Kernkraft voraus?“ hielt Eugen Kuntze, Mitglied des Arbeitskreises Klimaschutz beim Bund Naturschutz in München. Er gab eine Gesamtschau des Themas Kernenergie und setzte sich insbesondere mit deren Zukunftschancen auseinander.
Dem Argument, bei Abschaltung der Atomkraftwerke drohe eine „Stromlücke“, erteilte er eine klare Absage: der rasch wachsende Anteil erneuerbarer Energien hat den Rückgang des Atomstroms, bedingt durch endgültige Abschaltung oder Störfälle, bisher locker kompensieren können, und es gibt einen Export-Überschuss an Strom.
Ein Klimaschutz auf globaler Ebene ist laut Kuntze mit Kernkraft nicht möglich, da sie nur etwa 2% Anteil an der Weltenergieversorgung hat. Dies lässt sich wegen langer Bauzeit und begrenzter Uranvorkommen auch kaum steigern.
„Billig“ sei der Atomstrom allenfalls für die Betreiber längst abgeschriebener Anlagen; die Allgemeinheit müsse mit Steuergeldern für Atommüll-Probleme und eventuelle Katastrophenfälle gerade stehen. Neubauten von Atomkraftwerken in anderen Ländern wie Finnland, kosteten weit mehr als erwartet. Der Rohstoff Uran muss zu 100% importiert werden und ist im Preis immens gestiegen.
Auch das Arbeitsplatz-Argument für die Kernkraft sticht laut Kuntze nicht: dort arbeiten 30.000 Leute, im Bereich der erneuerbaren Energien dagegen bereits 280.000.
Die Kernenergie bleibe nicht nur durch Unfälle wie in Tschernobyl riskant, sondern auch durch die Strahlung beim Uranabbau oder die Krypton-Emission im Betrieb, die im Verdacht steht, Leukämie zu erzeugen. Ein Endlager für den Atommüll, der Hunderttausende von Jahren strahlt, gibt es bis heute nicht. Die Nutzung von Nebenprodukten der friedlichen Kernkraftnutzung für militärische Zwecke kann nicht ausgeschlossen werden.
So konnte der Appell des Experten kaum verwundern, keinesfalls die Laufzeit bestehender Kernkraftwerke zu verlängern und den Aufschwung erneuerbarer Energien nicht zu bremsen. Dazu könne auch der Einzelne konkret beitragen.