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Wasserburg am Inn

August 2019: Stellungnahme zur BayWa-Wiese

40. Änderung des Flächennutzungsplanes / Bebauungsplan Nr. 174 „Miesbacher Straße / Kufsteiner Straße“


Sehr geehrte Damen und Herren,

im Namen des Landesverbandes und der Kreisgruppe Rosenheim des BUND Naturschutz (BN) geben wir zu dieser Planung gemäß § 4 BauGB folgende Stellungnahme ab:

Grundsätzliches

Nach wie vor wäre es aus Sicht des BUND Naturschutz wegen der vielen im Folgenden genannten Nachteile am besten, auf die Bebauung der BayWa-Wiese zu verzichten. Zumindest könnte und sollte man aber die Planung wie an einigen Beispielen geschildert wesentlich ökologischer gestalten.

Probleme für Natur und Ortsbild

Wieder einmal gehen im Bereich der Kufsteiner Straße große Grünflächen dauerhaft verloren. Laut spezieller artenschutzrechtlicher Prüfung (saP) hat die Planung auf das Schutzgut Boden durch Aushub, Auffüllung, Überbauung, Unterbauung für Tiefgaragen und den Bau von Straßen und Wegen Auswirkungen mit hoher Erheblichkeit, also der höchsten Kategoriestufe. Und wieder einmal soll der Ausgleich für die massive Bebauung nicht im nahen Umfeld des Eingriffs, sondern weit weg in den Gemeinden Riedering und Kolbermoor stattfinden.

Auf die Schutzgüter Pflanzen, Tiere und biologische Vielfalt wirkt sich das Vorhaben laut saP bau- und anlagebedingt ebenfalls mit hoher Erheblichkeit aus. Obwohl beispielsweise die Gehölzbestände im Heilig-Blut-Graben mit ihren Biotopbäumen für mehrere Arten von Nischen-, Höhlen- und Freibrütern (Grauschnäpper, Haussperling, Star, Stieglitz) eine hohe Bedeutung haben und 11 Vogelarten als Brutvögel im Gebiet nachgewiesen wurden, finden dort erhebliche Eingriffe statt. Vorgezogene (CEF-) Maßnahmen sowie Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen können das nicht angemessen ausgleichen.

Auch das Schutzgut Wasser wird laut saP bau- und anlagebedingt mit hoher Erheblichkeit beeinträchtigt:  Während der Baumaßnahmen können Grund- und Niederschlagswasser Schaden nehmen. Im Betrieb bleiben für das Grundwasser Risiken insbesondere durch die Tiefgaragen. Ferner können die erforderlichen großflächigen Versickerungseinrichtungen das Niederschlagswasser nicht mit gleicher Qualität filtern wie jetzt der Wiesenboden. Unerwähnt bleibt, dass die geplante Auffüllung der BayWa-Wiese zusammen mit der großflächigen Bebauung deren bisherige Funktion als Wasserspeicher behindert, insbesondere bei Starkregenfällen, die mit dem Klimawandel zunehmen werden. Somit dürften die benachbarten älteren Siedlungsgebiete noch häufiger unter Kellerwasser leiden.

Bei den Schutzgütern Luft und Klima sieht die saP Auswirkungen mittlerer bis hoher Erheblichkeit: Der freie Luftstrom aus der Landschaft ins Innere des Geländes sowie die Frischluft- und Kaltluftbildung vor Ort werden drastisch eingeschränkt.

Die Einschätzung der saP, dass die Planung auf das Schutzgut Ortsbild / Landschaft nur Auswirkungen geringer Erheblichkeit hat, können wir nicht teilen. Die noch verbliebene grüne Zäsur am Ortseingang von Rosenheim wird durch eine dichte und relativ hohe Bebauung aufgehoben. Die historische Kaltenmühle – bisher schon von Miesbacher und Happinger Straße entwertet - wird weiter eingeengt. Der Blick auf die Barockkirche Heilig Blut und die Voralpen geht verloren.

Verkehrsprobleme

Mit der jetzt angenommenen Nutzung ist laut Verkehrsgutachten ein deutliches zusätzliches Verkehrsaufkommen von max. 2.100 Kfz/Tag zu erwarten - und das in den bereits jetzt häufig überlasteten Bereichen Kufsteiner Straße, Miesbacher Straße und Panorama-Kreuzung. Abends kann dabei die Verkehrsqualität in einzelnen Verkehrsbeziehungen sogar auf die zweitschlechteste Stufe E absinken. Laut Beschreibung dieser Stufe treten dabei „ständige gegenseitige Behinderungen zwischen den Verkehrsteilnehmern“ auf.

Am größten wird die Verkehrssteigerung auf der Happinger Straße sein, der einzigen Zufahrt zur Neubebauung: Laut Verkehrsgutachten wird der Verkehr dort südlich der Miesbacher Straße bis 2030 um 62% zunehmen, 2/3 davon bedingt durch die neue Zufahrt!

Alternativen

Schonendere Bebauung
Eine zukunftsweisende Lösung müsste mit deutlich weniger Flächenverbrauch auskommen. Dies sollte durch geringere Bebauung erreicht werden.

Ein zentrales Parkhaus statt ebenerdiger Parkplätze und einstöckiger verteilter Tiefgaragen würde nicht nur den Flächenverbrauch, sondern auch die Kosten, die Grundwasser-Risiken und den Kfz-Verkehr (zumindest innerhalb des Geländes) deutlich senken.

Erhaltung und Schaffung neuer Biotope
Es müssen weit größere Anstrengungen unternommen werden, um den Heilig-Blut-Graben in voller Länge und ausreichender Breite zu erhalten. Mit seinen wichtigen Funktionen als ortsbildprägender Grünzug, Standort wertvoller Bäume, ökologisch bedeutsamer Verbindungskorridor und Lebensraum für Tiere sollte er durch eine größere Strukturvielfalt zusätzlich aufgewertet werden, auch für Umweltbildungszwecke. Der weitgehend trocken gefallene Graben sollte dabei teilweise aufgeweitet und wiedervernässt werden. Dies würde nicht nur die Artenvielfalt steigern, sondern auch das Mikroklima und den Hochwasserschutz verbessern.

Aus den gleichen Gründen wäre eine Öffnung des verrohrten Kaltenmühlbachs entlang der Miesbacher Straße sinnvoll; zudem würde das die frühere Bedeutung der Kaltenmühle unterstreichen.

Bessere Verteilung und Vermeidung von Verkehr
Die zunehmende Belastung der Happinger Straße ließe sich durch eine weitere Anbindung über die Kufsteiner Straße senken. Da für eine Einfahrt von Süden her kaum Bedarf besteht, die Kreuzung des Geh- und Radwegs durch Kfz mit relativ hoher Geschwindigkeit ein Sicherheitsrisiko wäre und eine unerwünschte Umgehungsmöglichkeit der Panorama-Kreuzung entstünde, käme hier nur eine Ausfahrt nach Norden in Frage.

Noch wichtiger ist es, den Kfz-Verkehrsanstieg insgesamt zu bremsen. Hier kommt neben einer geringeren Bebauung eine Nutzung in Frage, die weniger Verkehr verursacht, wie Büros mit wenig Parteienverkehr. Um den Busverkehr zu fördern, braucht es weit mehr als nahe Haltestellen, nämlich grundlegende Verbesserungen; dafür ist leider keine Bereitschaft der Stadt erkennbar. Und um hier mehr Leute aufs Rad zu bringen, sind sichere Radverkehrsanlagen an der gesamten Kufsteiner Straße dringend erforderlich.

Umweltfreundlichere Dächer und Fassaden
Die verbindliche Sonnenenergie-Nutzung auf allen Dächern wäre ein wichtiges Signal für den Willen der Stadt, ihr selbstgestecktes Klimaschutz-Ziel bis 2025 doch noch zu erreichen.

Eine Fassadenbegrünung müsste an weit mehr Gebäuden vorgeschrieben werden.

Weitere Veröffentlichungen der BN-Ortsgruppe Rosenheim

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