Baumfällungen an der Mangfall: Nur ein Verkehrssicherungshieb?
Die Verkehrssicherung entlang öffentlich gewidmeter Straßen und Wege ist richtig und wichtig. Auf den Pfaden im Inneren des Waldes gilt dagegen laut Waldgesetz und Rechtsprechung grundsätzlich die Eigenverantwortung des Waldbesuchers. Gerade dort wurde aber besonders viel gefällt, was den Winddruck auf die stehen gebliebenen Bäume erhöht. Nach dem aktuellen Wissensstand über das Eschentriebsterben sollten außerdem nur schwer geschädigte Bäume aufgegeben werden, um Anpassungsprozesse zu fördern. Sehr wichtig war hier aber offensichtlich die Holzernte und damit der wirtschaftliche Aspekt. Nach Auskunft der Staatsforsten hätte es übrigens auch ohne Eschentriebsterben eine Baumfäll-Aktion in ähnlich großem Umfang gegeben!
Dabei hat das Gebiet eine sehr wichtige Rolle als städtisches Naherholungsgebiet, gerade zu Corona-Zeiten. Der Wald ist dementsprechend als Erholungswald kartiert, aber zusätzlich auch als Schutzwald für Immissionen, Lärm und lokales Klima sowie für Lebensraum, Landschaftsbild, Genressourcen und historisch wertvollen Waldbestand. Er ist Teil eines Landschaftschutzgebiets, in dem es verboten ist, "Veränderungen vorzunehmen, die geeignet sind, den Naturhaushalt zu schädigen, das Landschaftsbild zu verunstalten oder den Naturgenuss zu beeinträchtigen"; eine forstwirtschaftliche Nutzung ist nur "im bisherigen Nutzungsumfang und in der bisherigen Nutzungsart" erlaubt. Zudem sollte das Gebiet als Auenwald einen besonderen Schutz nach dem Bundesnaturschutzgesetz §30 genießen. Laut Biotop-Kartierung der Stadt sind solche Wälder die artenreichsten Brutvogelhabitate, und zudem wichtig für Fledermäuse und Insekten. All diese Funktionen sind nun durch Rückegassen, Bodenverdichtung und die Entnahme eines großen Teils der Eschen stark beeinträchtigt. Das trifft auch die geschützten Saatkrähen, die mit den verbliebenen Bäumen nicht auskommen dürften und sich nun andere Plätze näher an den Siedlungen suchen werden.
Aus Sicht des BUND Naturschutz Rosenheim muss man mit einem solchen Wald, der für Natur und Naherholung so wertvoll ist, weit schonender umgehen als mit einem Wirtschaftsforst. Daher setzt sich der Verband vor Ort dafür ein, dass alle Wälder dieses Landschaftsschutzgebiets als Naturwald ausgewiesen werden. Damit würde die wirtschaftliche Nutzung entfallen und mehr für Biodiversität, Erlebbarkeit und Klimaanpassung getan. Leider wurde diese Möglichkeit im Umweltausschuss der Stadt Rosenheim (März 2021) nicht ausreichend behandelt.
Generell fordert der Verband, für den Staatswald einen Vorrang für die Erfüllung der Gemeinwohlleistungen vor monetären Zielen im Waldgesetz festzuschreiben. Die vielfältigen Aufgaben dieser Wälder müssen unabhängig vom Holzpreis aus dem Staatshaushalt finanziert werden!
(Stand: 21.10.2021)
Links zum Auwald vor Ort:
Sommer 2021: Auch der Eisvogel brütet an der Mangfall
https://rosenheim.lbv.de/naturschutz/voegel/eisvogel/
Behandlung des Mangfallwald-Themas im Umweltausschuss der Stadt Rosenheim am 23.3.2021
https://www.rosenheim-allris.sitzung-online.de/allrisbi/to020?TOLFDNR=1024112
Baumfäll-Aktionen von Staats- und Bundesforsten auch im FFH-Gebiet bei Nußdorf
https://rosenheim.bund-naturschutz.de/ortsgruppen/nussdorf-neubeuern
Leserbrief im OVB am 4.3.2021: Entsetzen über Fällaktion im Mangfallwald
https://www.ovb-online.de/rosenheim/rosenheim-stadt/entsetzen-ueber-faellaktion-im-mangfallwald-90228792.html
OVB am 12.2.2021: Eschensterben in Auwald und Oberwöhr: Bürgerinitiative will gegen die Fällungen vorgehen
https://www.ovb-online.de/rosenheim/rosenheim-stadt/pilz-eschensterben-auwald-oberwoehr-buergerinitiative-gegen-faellungen-90201320.html
OVB am 6.1.2021: "Massives Eschensterben im Auwald und in Oberwöhr: Rosenheimerin erschüttert über Fällungen"
https://www.ovb-online.de/rosenheim/rosenheim-stadt/massives-eschensterben-im-auwald-und-in-oberwoehr-rosenheimerin-erschuettert-ueber-faellungen-90159318.html
Links zu allgemeinen Informationen:
Anhörung im Landtag zum Projekt Forstbetrieb 2030 der Bayerischen Staatsforsten am 20.10.2021
- BN fordert Neuausrichtung für Staatswald – Gemeinwohl muss Vorrang haben
https://www.bund-naturschutz.de/pressemitteilungen/bn-fordert-neuausrichtung-fuer-staatswald-gemeinwohl-muss-vorrang-haben - Ausführliches Statement des BN zur Anhörung
https://www.bund-naturschutz.de/fileadmin/Bilder_und_Dokumente/Presse_und_Aktuelles/Pressemitteilungen/2021/Wald/Landtag_Anh%C3%B6rung_Forstbetrieb_2030_Statement_Richard_Mergner.p - Bericht des Landtagsabgeordneten Hans Urban zur Anhörung
https://www.hansurban.de/2021/10/21/erkenntnisreiche-anhoerung-zum-projekt-forstbetrieb-2030-der-baysf/
BN am 29.05.2021: Vorrang für Gemeinwohl im Staatswald!
https://www.bund-naturschutz.de/pressemitteilungen/vorrang-fuer-gemeinwohl-im-staatswald
Informationen und rechtliche Rahmenbedingungen zu Naturwäldern in Bayern
https://www.stmelf.bayern.de/cms01/wald/lebensraum-wald/234954php/index
https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayVV_7904_L_11560-21
Aktuelles Urteil zur Verkehrssicherungspflicht auf Waldwegen
Deutscher Wanderverband: "Wandern auf eigene Gefahr"
"Sanitärmaßnahmen" bei der Esche nicht übertreiben
LWF: "Eschentriebsterben und Naturschutz"
Der Harvester ist nicht die einzige Lösung
LWF: "Geschädigte Laubbäume sicher fällen"
Boden- und Wasserschutz im Rahmen der Waldbewirtschaftung
Bayerischen Staatsforsten: Grundsätze für den Boden- und Wasserschutz
Pressemitteilung 2019: "Eschentriebsterben greift auch in Rosenheim um sich"
https://rosenheim.bund-naturschutz.de/aktuelles/artikel/eschentriebsterben-greift-auch-in-rosenheim-um-sich