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Wasserburg am Inn

Stellungnahme zum Herderbach-Oberlauf

Im Namen des Landesverbandes des Bundes Naturschutz (BN) geben wir zu dieser Planung folgende Stellungnahme ab:

1. Grundsätzliches

 

1.1. Baumschutz

Nach der aktuellen Planung für den Umbau des Herderbach-Oberlaufs sollen rund um den Rosenheimer Friedhof insgesamt etwa 94 Bäume fallen, darunter viele wertvolle ältere Exemplare.

Gerade ältere Bäume haben in der Stadt eine besondere Bedeutung: Sie produzieren Sauerstoff und filtern Staub aus. Sie erhöhen die Luftfeuchtigkeit, spenden Schatten und senken die Temperatur im Sommer. Sie schaffen Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten, auch für Rote-Liste-Arten wie Fledermäuse. Baumhöhlen, die ihnen und anderen Tieren als Quartier dienen könnten, sind nicht auszuschließen. Nicht zuletzt erfreuen uns die großen Bäume durch ihren Anblick und prägen das Stadtbild.

Ersatzpflanzungen - wo sie überhaupt an Ort und Stelle möglich sind - können die geplanten Eingriffe allenfalls nach vielen Jahrzehnten ausgleichen. Maßnahmen für den Artenschutz wie Fledermaus-Kästen haben schon anderswo in Rosenheim nicht den gewünschten Erfolg gebracht.

Daher muss dem Baumschutz ein weit höherer Stellenwert eingeräumt werden, als dies in der jetzigen Planung der Fall ist!

Zu kritisieren ist ferner, dass im LBP nicht klar wird, welche Bäume aus welchen Gründen gefällt werden sollen, und ob an der betreffenden Stelle nachgepflanzt werden kann. Außerdem ist die Baumkartierung im LBP u. a. wegen des Sommersturms nicht auf Stand.

1.2. Gewässer-Aufwertung

Die Trennung von Mischwasser und Gewässer beim Herderbach ist sinnvoll und entspricht einer alten Forderung des BN.

Es ist aber leider festzustellen, dass durch die übrigen Maßnahmen, wie z. B. weitere Bachöffnungen, eine wirkliche Aufwertung des Herderbach-Gerinnes nicht stattfindet. Das Wasser bleibt auch in den geöffneten Abschnitten tief unter dem Gelände zwischen geradlinigen Betonmauern verborgen. Die im Normalfall sowieso schon geringe Wassermenge wird wegen der reduzierten Einleitungen noch weiter abnehmen. Der Bach – sofern diese Bezeichnung für einen Beton-Kanal gerechtfertigt ist - ist nicht wirklich erlebbar. Er muss aus Sicherheitsgründen sogar eingezäunt werden; er kann nicht bepflanzt oder von Spaziergängern genutzt werden. Schwer zu entfernender Müll wird sich dort ansammeln, auch durch den Wind herangetrieben.

Daher sollten derartige Umbauten – auch wegen der damit verbundenen Eingriffe und Kosten – entweder unterbleiben oder mit einem wirklichen Mehrwert für Mensch und Natur ausgestattet werden!

Ferner ist die Wasserqualität der Herderbach-Zuflüsse u. a. durch intensive Landwirtschaft in Fürstätt zeitweise schlecht. Dies führt auch zu Geruchsbelästigungen in den geöffneten Bereichen.

2. Stellungnahme zu einzelnen Maßnahmen

 

2.1. Herderbach-Verrohrung zusammen mit Mischwasserkanal

Man könnte vermutlich den Herderbach-Oberlauf durch ein zweites Rohr parallel zum neuen westlichen Mischwasserkanal führen, zumindest dann, wenn dessen Trasse in die Gabelsberger- und Hofmillerstraße verlegt würde. Dies wäre eindeutig die baumschonendste Variante, und es würden Flächen für Grün und neue Wege gewonnen. Allerdings liefe dies auf eine vollständige Verrohrung des Herderbach-Oberlaufs hinaus, was auch auf wasserrechtliche Bedenken stößt (obwohl laut Planfeststellungsbescheid von 1995 der Herderbach-Oberlauf gar kein Gewässer mehr wäre). Sicherlich lässt sich eine andere akzeptable Lösung finden, wie im folgenden dargelegt.

2.2. Herderbachoberlauf südlich und östlich des Friedhofs

In diesem Bereich (Abschnitte B und C1) stehen Eingriff und Ergebnis in einem geradezu grotesken Missverhältnis: Einerseits würden viele wertvolle ältere Bäume gefällt, wo schon der Sturm im Sommer große Lücken gerissen hat. Andererseits kann der Gewässer-Umbau nicht überzeugen; es gilt das in 1.2 Gesagte.

Wir lehnen daher die Maßnahmen in der geplanten Form strikt ab und schlagen eine der beiden unten stehenden Varianten vor. In beiden Fällen kann das Gelände südlich des Baches dort, wo keine Bäume stehen, als Baufeld genutzt werden. Die Notwendigkeit der umfangreichen Baumfällungen zwischen Herderbach-Gerinne und Friedhofsmauer (K7, K5) ist nicht ersichtlich und wäre für jeden Baum zu begründen. In der Unterlage Querprofile (6) ist im Gegensatz zum LBP die Erhaltung der Bäume direkt an der Friedhofsmauer sogar explizit vorgesehen. Auch die Kastanie an der Herbststraße (K10, im LBP zu klein eingetragen) und die große Esche östlich des Friedhofs (K2), beides stadtbildprägende Bäume, müssten aus unserer Sicht nicht gefällt werden.

In jedem Fall ist eine Detailplanung durch einen Landschaftsarchitekten notwendig.

2.2.1 Variante Sanierung

Das Gerinne wird mit geringen Eingriffen dauerhaft saniert. Dies sollte vorzugsweise in Form von Rohren geschehen, die in das bestehende Betonprofil eingebracht und mit Erde abgedeckt werden. Das Gelände kann anschließend wieder bepflanzt werden, weit besser als dies mit einer neuen Beton-Abdeckung auf dem bestehenden Gerinne möglich wäre. Die Flächen könnten aber auch für Wege genutzt werden.

Zur maximalen Baumschonung könnte das Rohr stellenweise außerhalb des Profils verlegt werden.

Der Bach wird damit nicht aufgewertet, aber das Gelände darüber wird in vielseitiger Weise nutzbar. Mit dieser Variante werden auch die meisten Bäume erhalten.

2.2.2 Variante Aufweitung

Wo immer möglich, wird das Südufer des Baches aufgeweitet (siehe Skizze unten). Dazu wird nur die nordseitige Wand des Gerinnes saniert und verkleidet, und zwar mit Naturstein und vegetationsoffenen Fugen. Dabei sollte die Wandoberfläche Vor- und Rücksprünge aufweisen, auch um einen leicht mäandrierenden Bachlauf zu erhalten. Sohle und südseitige Wand werden abgetragen. In die mit einer Steinschüttung versehene Bachsohle werden Flussbausteine eingebracht, um das Gewässer – soweit dies von der Hydraulik möglich ist – aufzustauen. Die südliche Böschung wird im Verhältnis 1:2 oder flacher ausgeführt; auch ein Absatz zur leichteren Begehbarkeit wäre denkbar. Insbesondere wertvolle Bäume am Südufer wie die Buchengruppe dürfen nicht gefällt werden; dort kann das Ufer unter Verwendung von Wasserbausteinen – nicht Gabionen - steiler gestaltet werden. Mit Steinstufen und/oder Bänken bekommen die flachen Böschungen einen höheren Aufenthaltswert. Es sollten bachtypische Stauden und schattenspendende Bäume gepflanzt werden. Nur das Steilufer müsste mit einem Zaun versehen werden.

Am Friedhofseingang wäre wohl eine „Variante Sanierung“ die geeignetste Lösung, möglicherweise auch in Abschnitt C1 östlich des Friedhofs, wo zwei erhaltenswerte Bäume recht nahe aneinander und zum Bach stehen.

Der Bach wird dadurch in den geöffneten Abschnitten wirklich aufgewertet und erlebbar. Er kann extreme Hochwasser-Ereignisse durch den größeren Rückhalteraum besser verkraften. Andererseits bleiben die Eingriffe in den Baumbestand und der Aufwand weit geringer als bei einer beidseitigen Aufweitung, wo möglicherweise sogar eine Neugründung der Friedhofsmauer nötig wäre.

2.3. Herderbachoberlauf zwischen Privatgrundstücken und Kloster

In diesem Bereich (Abschnitte C2 und C3) bleibt wohl nur die Möglichkeit der Verrohrung.

Zu überprüfen wäre, ob die stadtbildprägende Platane am Parkplatz vor der Kirche St. Sebastian tatsächlich gefällt werden muss.

2.4. Herderbachoberlauf im Klostergelände und nördlich davon

Auf der Friedhofsseite müssen nördlich des Klosters (Abschnitt E) weit mehr Bäume erhalten bleiben als vorgesehen - dies auch deshalb, um die Ruhe und Abgeschiedenheit an den Gräberfeldern zu erhalten! Hier ist durchaus eine dichte Bepflanzung wünschenswert.

Prinzipiell gilt zur Bachaufwertung das in 1.2 Gesagte. Hier sind aber nun schon einmal durchgehend Fakten geschaffen, und der Anblick scheint weniger störend als an der Süd- und Ostseite des Friedhofs; außerdem ist eine Aufweitungs-Variante unrealistisch.

Aus unserer Sicht könnte der Bachlauf daher ähnlich wie in der Planung vorgesehen saniert und zusätzlich ein Mischwasserkanal eingebracht werden, allerdings weit baumschonender. Dies ist bei einem Bau von der Ostseite aus oder durch Vor-Kopf-Bauweise im Gerinne selbst sicher möglich. Ein Baufeld an der Westseite in unmittelbarer Nähe der Gräber - wie im LBP eingezeichnet – wäre sowieso kaum tragbar. Die Verblendung mit Naturstein (von der in den Abwägungsunterlagen noch die Rede ist) ist deutlich attraktiver als die in der jetzigen Planung genannten Betonmatrizen.

Auf jeden Fall sollte die Gelegenheit genutzt werden, anstelle des Wartungsweges auf dem Mischwasserkanal einen öffentlichen Geh- und Radweg zwischen Ebersberger Straße und Loretowiese anzulegen. Dieser würde an der Brücke beim Norma-Markt beginnen und ab der Klostermauer entweder durch das Kloster oder daran vorbei (Karolinen-Gymnasium oder Friedhof über zusätzliche Brücke) geführt werden. Er sollte eine Verbindung zum Gelände der Mädchenrealschule und des Karolinen-Gymnasiums haben. Dies würde insbesondere das bekannte Chaos vor den Schulen am Morgen und Mittag vermindern helfen und zur Sicherheit beitragen. Auch der Bach wird durch den Weg besser erlebbar; zu prüfen wäre, ob dazu der Weg und die neue Mauerkrone nicht niedriger liegen könnten.

2.5. Mischwasserkanal westlich des Friedhofs

Zur bestmöglichen Erhaltung des Baumbestandes muss überprüft werden, ob die Trasse weiter von der Friedhofsmauer weg unter den Friedhofweg verschoben werden kann.

Insbesondere am Spielplatz ist die Erhaltung schattenspendender Bäume wichtig! Hier scheint eine schonendere Variante möglich, auch unter dem Aspekt, dass ein im LBP eingezeichneter Großbaum nicht mehr steht.

Ferner erscheinen uns folgende Maßnahmen sinnvoll:

  • Beschränkung und Ordnung der Parkmöglichkeiten insbesondere am Friedhofs-Westeingang, auch um die Sicherheit von Fußgängern und Radfahrern zu erhöhen;
  • Platzierung der Container an einem geeigneteren Standort;
  • Verbreiterung des stark frequentierten Geh- und Radwegs in der Nähe der Herbststraße auf mindestens 2,50 m und Absperrung für Autos durch einen Poller.

Es wäre möglich, die Trasse in die Gabelsberger- und Hofmillerstraße zu verlegen. Allerdings erscheint der dafür genannte Zusatzaufwand von ca. 1 Mio. Euro ohne Einsparungen an anderer Stelle enorm hoch und wäre anderswo besser angelegt.

2.6. Mischwasserkanal nördlich des Friedhofs

Der Bereich wird wohl nicht mehr zur Friedhofserweiterung benötigt. Das Vorfeld der Friedhofsmauer bedarf einer Neugestaltung. Insbesondere sollten hier Bäume gepflanzt werden.

Ein durchgehender Geh- und Radweg entlang der Friedhofsmauer bis zur Gabelsberger-straße wäre wünschenswert, dürfte aber wegen der Eigentumsverhältnisse und dem zu erwartenden Widerstand der Mieter in den Mehrfamilien-Häusern schwer durchzusetzen sein.

3. Weiteres Vorgehen

 

Wie die obigen Ausführungen zeigen, ist eine Überarbeitung der Planung notwendig.

Das Projekt geht weit über die bloße Stadtentwässerung und die dafür zuständige Abteilung hinaus. Auch die Stadtplanung – nicht nur die Grünplanung - ist gefordert, wo es um Dinge wie neue Geh- und Radwege oder die Verbesserung der städtebaulichen Situation und der Aufenthaltsqualität im Park geht.

Wo notwendig, müssen neue Pläne erstellt werden, insbesondere auch ein neuer LBP, um die in Abschnitt 1.1 angesprochenen Punkte zu verbessern.

Naturschutzbeirat, Stadträte und vor allem die Bürger müssen informiert und einbezogen werden.

Für die Durchführung ist eine ökologische Bauleitung dringend anzuraten.

Der BN ist gerne bereit, an der weiteren Planung mitzuwirken und an Begehungen der Bauabschnitte z. B. kurz vor Baumfällungen teilzunehmen.

Die Verschmutzung der Herderbach-Zuflüsse, z. B. durch die Güllefracht aus dem Raum Fürstätt, muss deutlich reduziert werden, auch im Interesse des Herderbach-Unterlaufs.

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