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Wasserburg am Inn

Mai 2012: Stellungnahme zur Bebauung am Mühlbachbogen

Im Namen des Landesverbandes gibt der Bund Naturschutz (BN) zu dieser Planung gemäß §4 BauGB folgende Stellungnahme ab:

1. Grundsätzliches

Nach dem ernüchternden Ergebnis des Ideenwettbewerbs 2010 empfahlen im Frühjahr 2011 das Rosenheimer Forum für Städtebau und Umweltfragen, der Bund Naturschutz, der Solarförderverein rosolar und der Initiativkreis RoRegio in einem offenen Brief, das Thema noch einmal aufzurollen, und zwar mit folgenden grundsätzlichen Zielen:

  • Schaffung einer überzeugenden Grünverbindung zwischen Innenstadt und Mangfallpark-Nord/Innspitz
  • Entweder wirklich qualitätvolle Nachverdichtung oder Freihaltung des Mühlbachbogens von Bebauung mit der Vision eines durchgehenden städtischen Grünbereichs
  • Breite Beteiligung der Bürger

Der Bund Naturschutz (BN) ist enttäuscht darüber, dass diese Anregungen nicht aufgegriffen wurden, sondern lediglich zwei Entwürfe aus dem Wettbewerb 2010 überarbeitet und schließlich einer davon gewählt wurde.

Der BN begrüßt zwar grundsätzlich den Ansatz, die Bereiche Wohnen, Arbeiten und Einkaufen zusammenzuführen. Die Planung orientiert sich aber in vielen Punkten an den Wünschen von Kapitalanlegern und Stadtwerken. Die vor der Landesgartenschau gesteckten Ziele werden nicht wirklich erreicht.

2. Kommentare zu einzelnen Punkten

Fehlende überzeugende Grünverbindung

Das ursprüngliche Ziel ökologisch wirksamer und attraktiver Grünverbindungen wird verfehlt.

Die Verbindung entlang des Mühlbachs ist viel zu schmal. Durch den von den Stadtwerken mittlerweile geforderten riegelförmigen Bau sind die Randbedingungen noch ungünstiger geworden. Anstatt den Lärm an der Quelle zu bekämpfen, soll nun ein 90 Meter langer und im Hauptbereich 15 Meter hoher Gewerberiegel zum Schutz des dahinter liegenden Bereichs errichtet werden. Der geöffnete Mühlbach und der ihn begleitende Weg liegen in der Häuserschlucht dazwischen. Von einem „hohen Aufenthalts- und Erholungswert“ kann man damit sicher nicht sprechen, zumal der geöffnete Mühlbach einen sehr technischen Charakter aufweist. Ökologisch haben weder der betonierte Bach noch die sterile Bepflanzung viel zu bieten. Der BN ist gespannt, ob der Weg tatsächlich eine wassergebundene Decke behalten wird.

Die durchgehend asphaltierte Geh- und Radwegverbindung entlang der Straße „In der Schmucken“ mit zweifacher Parkhauszufahrt ist nicht sonderlich anziehend.

Ein großer Teil der Gesamtfläche wird für Verkehrsflächen dauerhaft versiegelt. Größere Grünflächen wird es allenfalls noch auf den Privatgrundstücken geben – die Öffentlichkeit bleibt sowohl hier als auch am Spielplatz ausgesperrt, der den Anwohnern vorbehalten bleiben soll.

Weitere Probleme

Der von den Stadtwerken emittierte Lärm trifft viele andere, insbesondere die Nutzer des Gewerbegebäudes. Es dürften sich hier kaum Firmen niederlassen, die auf Ruhe angewiesen sind. Das Sanierungsziel für die Altstadt Ost wird somit durch die Stadt selbst in Frage gestellt.

Der Gewerberiegel nimmt wiederum den Wohngebäuden und ihrem Umfeld Sonne und Sicht. Er behindert zusätzlich den Luftaustausch in der West-Ost-Hauptwindrichtung. Dieser Austausch ist auch wegen der - nicht einmal erwähnten - Geruchsemissionen der beiden fleischverarbeitenden Betriebe dringend notwendig.

Nicht beseitigte Altlasten und Tiefgaragen schaffen Probleme in Bezug auf Versickerung und Grundwasserströme. Während man sich z. B. beim Herderbach bemüht, das Gewässer von Einleitungen zu befreien, geschieht hier das Gegenteil: Es soll erlaubt werden, zusätzlich Oberflächenwasser in den Mühlbach zu leiten!

Die geplanten oberirdischen Stellplätze, z. B. für die Kinderkrippe, dürften einen regen Parksuchverkehr auslösen. Noch dazu liegen Wendehammer und Kurzzeitparkplätze in der Nähe des Kinderspielplatzes. Gute Abstellmöglichkeiten für Räder – auch mit Kinderanhänger – sind dagegen nicht einmal erwähnt.

3. Alternativen

Echte Grünverbindung

Der Bund Naturschutz hält die Freihaltung des Geländes nach wie vor aus folgenden Gründen für eine sehr gute Lösung:

  • Es besteht durchaus noch ein Mangel an Grünflächen. Durch die Landesgartenschau wurden ja keine neuen Grünflächen geschaffen; das Gegenteil ist der Fall: hier gingen durch verschiedene Faktoren (neue bzw. breitere Wege und Brücken, Spielfelder im Bereich Mangfallpark Süd, Kajakstrecke...) Grünflachen verloren.
  • Gerade an dieser Stelle wäre aufgrund der bestehenden Bebauung um den Mühlbachbogen herum (Stadtwerke, fleischverarbeitende Betriebe, Parkhäuser) mehr Grün wichtig. Der Mühlbach-Bereich allein hat aufgrund des Betonbetts und der kleinen Bachgarten-Flächen nur geringen Wert für Ökologie und Naherholung.
  • Die Umwandlung einer Gewerbe- in eine Grünfläche wäre ein sehr positives Beispiel in Rosenheim.
  • Durch die Auslagerung weiterer Betriebe ergäbe sich ein nur durch die Schönfeldstraße unterbrochener Grünzug.

Bei einer Bebauung muss die der Allgemeinheit zugängliche Grünzone entlang des Mühlbachs deutlich verbreitert und naturgemäß gestaltet werden. 

Wirksame Lärmbekämpfung

Die von den Stadtwerken ausgehenden Lärmbelästigungen müssen vermieden oder an der Quelle bekämpft werden, wie es allgemein anerkannter Stand der Technik ist. Nur dann besteht eine Chance, das Sanierungsziel für die Altstadt Ost zu erreichen. Der Riegel mit all seinen Nachteilen kann durch eine lockere Bebauung ersetzt werden.

Reinigung von Boden und Wasser

Der BN fordert, dass genauere Boden-Untersuchungen durchgeführt werden. Belasteter Boden ist restlos auszutauschen. Sauberes Wasser soll versickern können. Der Mühlbach muss von Mischwasser freigehalten werden.

Autofreiheit

Bei einer Bebauung ist das Viertel aufgrund seiner Lage prädestiniert für Bewohner, die wenig oder gar nicht aufs Auto angewiesen sind. Die restlichen Kraftfahrzeuge können in den unmittelbar benachbarten Parkhäusern untergebracht werden, die bei weitem nicht ausgelastet sind. Eine solche Lösung garantiert dem Viertel nicht nur mehr Sicherheit, sondern auch mehr Platz und mehr Lebensqualität. Die Kosten für Tiefgaragen werden gespart und die damit verbundenen Probleme entstehen erst gar nicht. In anderen Städten (z. B. Freiburg-Vauban) erfreuen sich solche Lösungen großer Beliebtheit.

Energie-Einsparung

Um ihre Bereitschaft zur Energiewende zu dokumentieren, sollte die Stadt hier - wenn schon - ein Nullenergie-Viertel bauen lassen. Am Beispiel anderer Städte wie Freiburg und Heidelberg wird deutlich, dass sich entsprechende Vorschriften auch für Gewerbebauten durchsetzen lassen. Durch Bauen mit Holz wird schon beim Bau wesentlich weniger Energie benötigt und zusätzlich der Ruf der Holzstadt Rosenheim gestärkt.

Weitere Vorschläge

Das öffentliche Interesse müsste auch bei anderen Punkten Vorrang haben:

  • Durch Bauherrengemeinschaften ließe sich der Kostenaufwand für den Wohnungsbau verringern und die Planung verbessern.
  • Anstelle eines privaten Spielplatzes sollte ein städtischer Spielplatz entstehen.

4. Fazit

Die Chancen der Flächen am Mühlbachbogen für die Stadt und ihre Bürger werden nur mangelhaft genutzt. Eine Neuplanung nach vorheriger Grundsatzdiskussion sollte die logische Konsequenz sein.

 

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